Zum “Auerhaus” bin ich gekommen, weil ich nach einem sehr informativen Sachbuch etwas entspannteres zur Abwechslung lesen wollte. Diesen Zweck hat das Buch auf jeden Fall erfüllt. Meiner Meinung nach aber nicht die Erwartungen, die mit den vielversprechenden Zitaten auf dem Umschlag, die “eines der schönsten Bücher unserer Tage” bewerben, einhergingen. Es geht um eine ein wenig ungewöhnliche Geschichte mehrerer Jugendlicher, die kurz vor ihrem Abitur eine WG gründen und darin zusammenziehen. Die Erzählung dreht sich vor allem darum, kleine Einblicke in die menschliche Psyche zu bekommen und daran erinnert zu werden, wie unterschiedlich wir alle sind.
Der Autor brachte mich immer wieder zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken über ernstere Themen. Bevor man sich an das Lesen macht, sollte einem eine große Triggerwarnung bewusst sein, nämlich dass es viel um Suizid und Tod gehen wird. Beides Themen, bei denen man sich schwer vorstellen kann, darüber mit Humor zu schreiben, was hier aber auf eine sehr sanfte und gefühlvolle Art und Weise gelang. Als Leser wurde man durch Situationen geführt, mit welchen man sich auch in Wirklichkeit gut vorstellen kann, konfrontiert zu werden, wenn man jemanden in seinem nahen Umfeld hätte, der Suizid begangen hätte oder es versucht hätte.
Frieder sagte: “Ich wollte mich nicht umbringen. Ich wollte bloß nicht mehr leben. Ich glaube, das ist ein Unterschied.”
S. 65
Frieder: “Bin ich für den Rest meines Lebens ein Selbstmörder?”
Ich dachte: Ja, irgendwie schon. Er sah mich an. Er wusste, was ich dachte.
Ich sagte: “Ein trockener Selbstmörder.”
S. 113
Das Buch lässt sich leicht lesen, das heißt, dass es genau das richtige sein könnte, wenn ihr auf der Suche nach einer kurzen Lektüre für zwischendurch seid. Den Schreibstil fand ich jedoch ein wenig gewöhnungsbedürftig. Immer wieder kam mir die locker/lässige Ausdrucksweise zu gezwungen vor. Dazwischen flatterten dann aber doch Phrasen durch, die mich wieder die Meinung ändern ließen.
Er setzte sich. Das sah so ungelenk aus, als wären “er” und “sich” zwei verschiedene Personen.
Wer setzte sich?
Er setzte sich.
Wen setzte er?
Sich setzte er.
S. 26
Cäcilia hatte mal gesagt, die Ehe ihrer Eltern sei “gescheitert”. Ich fand das einen total bescheuerten Ausdruck. Cäcilias Eltern waren zwanzig Jahre verheiratet gewesen, und dann hatten sie sich eben scheiden lassen. […] Zwanzig gescheiterte Jahre? Dann musste man ja jedes Leben, das mit dem Tod endete, gescheitert nennen. “Da er im Alter von 100 Jahre sanft einschlief, war sein ganzes Leben gescheitert.”
S. 221
Im Endeffekt kam ich nach dem Lesen zu einer Bewertung von 3/5 ★. Das Buch hat mich nicht sonderlich mitgerissen, ich würde aber auch nicht sagen, dass es mir nicht gefallen hat. Vielleicht würde ein Leser, der mit den angesprochenen Themen mehr Berührungspunkte hatte, sich mehr darin einfühlen können. Zusammenfassend würde ich sagen, dass es eine ganz nette Lektüre war, wenn man sich ohne großartige Erwartungen daran macht.

★★★☆☆ (3/5)
Edition: ISBN 978-3-7466-3238-4
Aufbau Taschenbuch, 2020 (Originalausgabe 2015)